Kürzlich fachsimpelte ich mit meinem Gemüsehändler (ein Pfälzer Urgestein) über die wunderbaren Restaurants, die es in der Pfalz gibt. Wir kamen über den Ketschauer Hof in Deidesheim, Netts Restaurant in Gimmeldingen oder Liz‘ Stuben in Neu-Leiningen so richtig ins Schwärmen: „Ganz gleich, ob nun Weinstube oder großes Kino im Gourmet-Tempel“ meinte ich, „Ihr in der Pfalz habt einfach einen anderes Selbstverständnis, wenn es um Qualität beim Essen geht. Selbst im kleinsten Weindorf findet man noch einen engagierten Koch, der mit regionalen und saisonalen Produkten wunderbare Gerichte zeitgemäß interpretiert.“
„Ach so schlimm ist das nicht“ antwortete er, „hier im Neckartal gibt es doch auch viele gute Restaurants“.
„Tatsächlich? Wo denn? Wo gibt es ein modernes Weinbistro oder ein kleines Restaurant im Neckartal, in dem gut-sauber-und fair gekocht wird? „
Mein Gemüsehändler begann zu überlegen, kratzte sich am Kopf, blickte mich hilfesuchend an und … schwieg.
Wohl auch deshalb pilgern die Genießer aus der Metropolregion Rhein-Neckar so gerne in die Pfalz. Und auch an der Bergstraße, nördlich und südlich von Heidelberg gibt es so manches Restaurant mit besten Preis-Genuss-Verhältnis. Ladenburg, Schriesheim, Weinheim, Ketsch, Hockenheim – überall findet man tolle Restaurants, Weinbars, Gasthöfe oder Biergärten, für die sich ein Abstecher lohnt.
Fährt man dagegen ins Neckartal, ist es vorbei mit der Glückseligkeit. Trotz der bäuerlich geprägten Umgebung findet ab dem Karlstor nicht einmal eine Kartoffel vom Acker ihren Weg auf den Teller. Sie kommen in den Biergärten und Gaststuben meist fertig geschält aus der Tüte, weil’s billiger, praktischer und schneller ist. Convenience Food eben. Vorgefertigte Spätzle (hausgemacht! wird auf allen Speisekarten schamlos gelogen), Kroketten aus der Packung, fettige Fritten für die Busladungen mit Touristen und Rentnern, Pizza mit billigsten Zutaten (Analogkäse und Klebeschinken), mit Soßenbinder verdickte bräunliche Flüssigkeiten, tiefgekühltes Wild aus Osteuropa, Rumpsteak aus Argentinien oder Lamm aus Neuseeland, obwohl sich direkt vor unserer Haustür im Odenwald die Keiler, Bachen, Frischlinge und Hasen tummeln und es ausgezeichnete Zuchtbetriebe für Lamm und Rinderrassen gibt. Schlimmes Essen ist das und das Grauen hat kein Ende.
Wo also sind sie, die jungen Gastronomen, die neue Akzente setzen und uns mit gesunder, leichter und eleganter Küche, mit spannenden Kombinationen und mit tollen Weinen verwöhnen? In der Pfalz sind sie! Wir, die wir in Ziegelhausen, Neckargemünd, Neckarsteinach, Bammental, Schönau, Hirschhorn oder Eberbach leben, fristen unser Dasein in einem kulinarischen Niemandsland, wo die gutbürgerliche Küche seit den 60er Jahren keine wesentlichen Veränderungen mehr erfahren hat. Oder wir fahren eben rüber – in die Pfalz.